von Monika Bone
Zwischen den Jahren bin ich mit meinem Büro ins Home Office gezogen. Nach 10 Jahren Coaching und Prozessbegleitung an diesem Standort hatte ich Unmengen von Dokumentationen und Berichten auf Papier und in Ordnern gesammelt.
Fachzeitschriften und Themensammlungen als Lose-Blatt-Sammlungen waren mein Schatzkästchen bei der Konzeption und Vorbereitung von lebendigen, interaktiven Weiterbildungen. Gegenstände, die ich als Metaphern in der suggestopädischen Arbeit genutzt hatte, Spiele und Poster, mit denen ich schon Gamification-Ansätze praktizierte, bevor ich das Wort überhaupt kannte.
„Behalte nur die Dinge, die Dich glücklich machen. Danke allem anderen für seinen Dienst und entsorge es.“
(Marie Kondo, Aufräumcoach)
All das gehörte zu mir. Und war Teil meiner Geschichte, meiner Erfolgsgeschichte. Nun habe ich jeden Projektordner der vergangenen Jahre noch einmal in die Hand genommen, mich erinnert, an das, was gut war, an das was nicht so gut war und an das, was ich gelernt habe. Ich habe mich erinnert an die Menschen, mit denen ich gearbeitet und an die unterschiedlichen Unternehmenskulturen, die ich kennengelernt habe. Ich habe mich innerlich bedankt und sie verabschiedet und sie – natürlich DSGVO-konform - entsorgt.
An manchen Dingen hängt unser Herz besonders. Bei mir war es die Kiste mit meinen Büchern, Mappen und Kassetten (!), mit denen ich früher englisch gelernt habe. Gut englisch zu sprechen war mir immer wichtig, es ist Teil meiner Vision, irgendwann in der Zukunft auch wieder international zu arbeiten. Längst praktiziere ich Englisch online, lese Bücher digital und schaue Filme in englischer Sprache an.
Dennoch gab es einen spürbaren Trennungsschmerz. Ein Schmerz, der mich an die Monika erinnerte, die ich zu einer Zeit in der Vergangenheit war, in der ich das Gefühl hatte, die Welt zu erobern. Auf einmal bin ich mitten im Aufräumen in einer Art Lebensinventur, denke über meine Wünsche und Visionen nach und schmiede Pläne für die Zukunft.
Ein Buch fällt mir in die Hand, ich blättere und finde dieses wunderbare Gedicht
I feel
like being in a
cocoon
a fine thread of silk
wound millions of times
around an unknown
body which perhaps
can fly
(aus: "Sprünge" von Hans-Curt Flemming)
Und mitten im Aufräumen weiß ich auf einmal, dass ich fliegen will, dass ich fliegen kann, und dass die Welt mir immer noch offen steht.
Und so sitze ich heute in meinem neuen Büro und fühle mich frei. Frei, die Dinge anders anzugehen, neue, digitale Werkzeuge auszuprobieren, frei, weil ich mir neuen Gestaltungsspielraum geschaffen habe.
Willkommen 2021!
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