von Kathrin Behme
Coaching ist eine anspruchsvolle Tätigkeit: In jedem Moment, in voller Präsenz und Konzentration beim anderen sein, körpersprachliche Signale, wegweisende Formulierungen und Grenzsignale mitbekommen – dabei gleichzeitig den vertrauensvollen Raum halten, die passende Frage stellen und die eigenen Gedanken im Auge behalten.
Die eigene Wahrnehmung ist im Coaching in vielerlei Hinsicht gefordert. Umso wichtiger empfinde ich es, nach den Coachingsitzungen Raum für mich und meine eigene Reflexion zu haben.
Im Moment des Coachings selbst agiere ich häufig aus dem Bauch heraus, folge dem Prozess und meiner Intuition, welche die oben genannten Ebenen in den meisten Fällen gut mitbekommt. Das Fahrwasser in der Zeit nach dem Coaching ist ruhiger: Hier kann ich entspannt anhand vorgefertigter Fragen die Sitzung noch einmal Revue passieren lassen.
Die Fragen, die ich dabei nutze, sind ein Überbleibsel aus meiner Ausbildung zum Transformativen Coach: Dort waren sie die Grundlage für meine Abschlussarbeit und die Reflexion meiner ersten Coachingbegleitung. Noch heute unterstützen sie mich dabei, auf die jeweilige Sitzung zurückzublicken, mir zentrale Wendepunkte in Erinnerung zu rufen und den aktuellen Stand des Prozesses einzuordnen.
Zum anderen finde ich in meiner Reflexion häufig Hinweise auf Punkte, die mir doch in dem jeweiligen Moment in Echtzeit durchgegangen sind. Und damit ermöglichen sie mir neue Blickwinkel und neue Fragen, die ich dann wiederum in die nächste Coachingsitzung mitnehme.
Da ich diese Reflexionsfragen so nützlich finde, möchte ich sie an dieser Stelle gerne teilen- jeweils mit einem kurzen Kommentar. Vielleicht gibt es ja noch andere Coaches, die sie in ihrer Arbeit als hilfreich empfinden:
Was war das Thema der Sitzung? / Was ist das Thema das Coachings?
Hier notiere ich in Stichworten den Verlauf der Sitzung und zentrale Fragen, die mir in Erinnerung geblieben sind. Häufig stoße ich an dieser Stelle bereits auf Aspekte, die mir in dem Moment durchgegangen sind oder komme auf Fragen, die ich beim nächsten Mal, falls es passt, weiterverfolgen möchte.
Was ist das aktuelle Problem des Coachees?
Diese Frage hilft mir noch einmal pointiert zu formulieren, was eigentlich beim Coachee gerade los ist. Häufig habe ich bei dieser Essenz noch einmal einen Aha-Effekt.
Wie habe ich mich im Coaching verhalten?
Hier blicke ich kurz auf mich selbst: Welche Techniken habe ich eingesetzt, wie war die Stimmung, in welcher Form habe ich den anderen begleitet?
Wann wurde es heiß?
Eine sehr spannende Frage, die nicht sexuell gemeint ist, sondern: Wo waren Grenzsignale zu bemerken? Wann wurde der Coachee unruhig oder emotional? Hier liegen häufig Hinweise auf den weiteren Prozess und Punkte, bei denen es sich lohnt, noch einmal genauer hinzuschauen.
Wie ging es mir?
Je nachdem, wie ich diese Frage beantworte, komme ich vielleicht darauf, dass eine zusätzliche Supervision unter KollegInnen für mich hilfreich wäre. Oder ich erkenne, dass ich nicht in voller Konzentration war und kann mir direkt Möglichkeiten überlegen, wie ich dies beim nächsten Mal verbessern kann.
Wie hat mein Coachee reagiert?
Wenn ich ehrlich bin, ist diese Frage auch häufig ein Streicheln meiner eigenen Seele. Wenn es gut gelaufen ist, steht hier oft ein schönes Feedback des Coachees. Falls eine Sitzung einmal nicht so gut war, liegt auch hier wieder ein Hinweis auf eine externe Supervision.
Wo bin ich an meine Grenzen gestoßen? Was habe ich daraus gelernt?
Diese Frage war zentral in der Ausbildung und ist für mich auch heute noch hilfreich: Denn sie hilft mir, meine Coachingpraxis ständig zu verbessern.
Bezug auf das 5-Grenzen-Prozessmodell
Das 5-Grenzen-Prozessmodell ist in meiner Arbeit ein zentraler Leitfaden im Hintergrund. An dieser Stelle reflektiere ich, wo die oder der Coachee sich im Prozess gerade befindet. Auch hier bekomme ich Hinweise darauf, in welche Richtung wir beim nächsten Mal weiterarbeiten sollten.
Anknüpfungspunkte in der nächsten Sitzung
Hier findet sich die Essenz meiner gesamten Reflexion. In der Regel formuliere ich an dieser Stelle lediglich Fragen. Diese nutze ich als eine zusätzliche Grundlage in der nächsten Sitzung.
Meine schriftlichen Reflexionen dauern normalerweise um die 30 Minuten. Das empfinde ich aber als gut investierte Zeit. Vor der nächsten Coachingsitzung mit dem jeweiligen Coachee, blicke ich immer noch einmal in meine Selbstreflexion vom letzten Mal und rufe mir so in Erinnerung, an welchem Punkt wir beim letzten Mal gestanden haben und welche möglichen Pfade, vielleicht in dieser Sitzung interessant werden könnten.
Coaching ist Prozessarbeit – daher folge ich nicht zwingend meinen Gedanken aus der letzten Sitzung, sondern schaue, was gerade aktuell ist. Und trotzdem: Häufig gibt mir meine schriftliche Reflexion gute Hinweise, wo vielleicht das eigentliche Thema verborgen sein könnte und in welchen Bereichen es sich lohnt, noch einmal näher hinzuschauen.
Meine persönliche Reflexion führe ich nach jeder Coachingsitzung durch, aber sie ist nicht das einzige Tool, das mir hilft, gut auf die Themen der Coachees einzugehen. Manchmal ist ein Coaching so herausfordernd, dass ich in meiner Reflexion feststelle: Hier kommst du alleine nicht weiter. In diesen Fällen nutze ich die Online-Supervision mit meinen KollegInnen aus der Coaching-Community. Wie dieses Format abläuft? Dazu mehr in einem späteren Blog-Beitrag :-)
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