von Rainer Molzahn
Im zweiten Artikel dieser Blogreihe hatten wir die Gebote, die Erlaubnisse und Verbote der Coach-Rolle beschrieben.
In diesem Blog-Post wollen wir darauf aufbauend schlussfolgern, welche Konsequenzen das für die Beziehung unseres Coachees zu uns als Coach hat.
Es geht um Rollenethik und Vertrauen ...
Daraus, in welchem Maße wir als Coaches diese ethischen zu den unpersönlichen Koordinaten unseres Handelns machen, speist sich das sehr persönliche Vertrauen, das unser Coachee in unsere persönliche Integrität und Redlichkeit hat. Und dieses relative Vertrauen inspiriert wiederum die Erlaubnis, die unser Coachee uns gibt, ihn oder sie zu beeinflussen – also das zu bewirken, wofür wir im besten Sinne da sind.
Am einfachsten ist das alles zu verwirklichen, wenn es keine anderen systemisch Beteiligten gibt als Coachee und uns als Coach. Wenn ich also auf einem freien und unregulierten Markt zwar abstrakt mit anderen Anbietern psychosozialer Dienstleistungen konkurriere, aber kein anderes Interesse verfolge, als dass mein Coachee gut über seine Erfahrungen mit mir spricht, mich eventuell weiter empfiehlt und so mein Ansehen und mein Klientel mehrt.
Etwas kitzliger wird es schon, wenn ich auch in einem einfachen Rollen-Setting wie diesem noch andere Interessen verfolge als die, meinem Coachee meine Präsenz und meine Fähigkeiten als Coach zur Verfügung zu stellen.
Zum Beispiel könnte ich, um meine Einnahmen aufzubessern, neben Coachings auch noch Nahrungsergänzungsmittel vertreiben – vielleicht sogar aus der tiefsten Überzeugung, dass eine unausgewogene Ernährung letztlich die Wurzel allen energetischen Übels ist.
Als Coachee wird man da sofort sehr wachsam, man ist ja nicht blöd. Besonders wachsam bei allen noch so zarten Anspielungen auf den Zusammenhang zwischen Beziehungsproblemen (derentwegen man das Coaching macht) und Ernährungsgewohnheiten (die ich, der Coach, aus irgendwelchen Gründen so maßgeblich finde).
Die Folge, wie auch immer gut gemeint meine Anspielungen auch sind: Das persönliche Vertrauen, dass der Coachee in mich hat, leidet. Im krassesten Fall schwindet es, denn es speist sich maßgeblich daraus, dass ich mich gemäß den ethischen Vorgaben meiner Rolle verhalte. Und die verbieten es, irgendein anderes Interesse zu verfolgen als das, ein gutes Coaching hinzulegen.
Es beinhaltet eine sublime Ironie, dass wir Menschen das meiste persönliche Vertrauen in Mitmenschen projizieren, die als Personen am demütigsten ihrer Rolle dienen.
Aber so ist es, und das gewiss aus guten Gründen: Vertrauen ist eine sehr egoistische Empfindung.
Sie orientiert sich allein am eigenen Wohl, und ihre Wirkung ist, dass man sich über den anderen keine Gedanken machen muss – etwa darüber, welche verdeckten Interessenkonflikte wohl hinter dessen oder deren Verhalten stehen. Sondern nur über sich selbst.
Und dafür sind wir als Coach schließlich da; genau darin besteht unser Beitrag in Zeiten der Veränderung. Wenn das möglich ist und sich verwirklicht, erhöht sich wiederum unsere Wirksamkeit in der Coach-Rolle auf das Charmanteste, und das weitere Vertrauen in unsere Dienstleistung wächst.
Dieser Text ist ein Auszug aus der Buchreihe "Transformatives Coaching und Mentoring".
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