von Rainer Molzahn
Transformatives Coaching ist eine Kunst und ein Handwerk.
Und wie das so ist: Ohne Handwerk ist jede Kunst Quacksalberei und also unwürdig.
Deswegen heute eine kurze Sammlung der Werkzeuge, die wir im transformativen Coaching benutzen, um den Langzeit-Prozess unseres Coachees zu beschleunigen.
Mit ‚Werkzeuge‘ bezeichnen wir hier die konkreten Klassen von Interventionen, die uns zur Verfügung stehen, um präzise an den Prozessgrenzen einen Beitrag zu leisten, den genau in dieser Art nur ein transformativer Coach in genau dieser Rolle leisten kann.
Der Begriff ‚Werkzeuge‘ suggeriert natürlich zu Recht, dass sie nur so gut sind wie die Hand, die sie führt („A fool with a tool is still a fool“, wie eine der geflügelten Weisheiten des IT-Projektmanagements sagt). Zu Fragen der persönlichen Meisterschaft ein anderes Mal mehr.
In der Abteilung ‚Handwerk‘ möchten wir hier fünf Dimensionen von Werkzeugen hervorheben – fünf große Wissens-Teiche, in die wir die Angel unserer Wahrnehmung werfen, um daraus die nächste konkrete Intervention zu fischen:
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Verlangsamen
Die Geschwindigkeit des ‚naiven‘ situativen Informations-Bedeutungs-Prozesses in Zeitlupe anschauen.
Dies ist die wichtigste Klasse von Interventionen, und ohne sie sind die anderen nicht möglich. Nur so können sich Aufmerksamkeit und Bewusstheit entfalten: aus der Alltagstrance aussteigen. Die ‚einfachste‘ Variante hier: nicht einfach jede Stille beenden, die im Gesprächsprozess entsteht. Schweigen aushalten – mindestens ein bisschen besser als unser*e Coachee. Vielleicht nachhaken: „was war jetzt gerade?“
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Verstärken
Die Amplitude einer verbalen oder nonverbalen Information so erhöhen, dass sie in ihrer ganzen Qualität ‚da‘ und verfügbar ist.
In der Praxis heißt das: übertreiben, zuspitzen, eskalieren, auf den Punkt bringen. Klar beim Namen nennen.
„Sie umschreiben das gerade sehr ‚politisch‘, sehr vorsichtig, mit sehr vielen Füllwörtern. Wenn Sie die jetzt versuchsweise einfach mal weglassen? Wie fühlt sich das an?“
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Reflektieren / Modus Reflexion
Den eigenen Informations-Bedeutungs-Prozess aus der Rückschau betrachten.
Damit den Wertmaßstäben und ihren Ursprüngen auf die Schliche kommen. Den inneren Beobachter beobachten lernen.
„Was haben Sie getan, um Ihrem Thema einen Namen geben zu können? Wie haben Sie geforscht, gegoogelt, in den sozialen Medien herumgestöbert, wen haben Sie befragt, was haben Sie gelesen, worüber sind Sie gestolpert, was hat ‚geklingelt‘ oder sogar gescheppert, und warum?“
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Konfrontieren / Modus Flexion
Informationen zur Verfügung stellen, die sich auf die Wirkung (nicht die Absichten) der anderen Person im Hier und Jetzt beziehen. Feedback geben, aus der Position von Empfängern bzw. Betroffenen sprechen.
„Ich kriege gerade sehr gemischte Signale von Ihnen. Sie sagen, Sie freuen sich, dass Ihr Vorstand Sie mit diesem anspruchsvollen Projekt betreut, und dass Sie die Anerkennung wertschätzen. Aber sie klingen weder sehr gerührt noch sehr erfreut, während ich Ihnen zuhöre. Wissen Sie, was ich meine?“
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Suggerieren /Modus Proflexion
Dem Präsenz und Gewicht verleihen, was möglich ist - Erlaubnisse, Freiheitsgrade, Wahlmöglichkeiten und Fantasien unterstützen.
Auf bevorstehende Herausforderungen vorbereiten. Die Absicht schärfen. Träumen und Visualisieren, Planen und Organisieren, Üben und Proben, sich leer machen und präsent sein.
Aus diesen Werkzeugkästen nehmen wir also die konkreten Interventionen, Methoden oder Formate, um den Prozess des Coachees von der Erfahrung des Ausgesetztseins bis zur schöpferischen Antwort an den fünf Grenzen zu unterstützen. Welches Werkzeug wir wann benutzen, ist letztlich eine Frage unserer Intuition. Unsere Intuition wird in dem Maße zuverlässiger, in dem wir die oben vorgestellten Werkzeuge auf unseren eigenen Entwicklungsprozess anwenden.
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